Fernand Masson wird am 17. April 1917 in der kleinen französischen Gemeinde Cilly im Département Aisne, unweit der belgischen Grenze, geboren. Er ist Französischlehrer.
Kriegsgefangenschaft
Er wird Soldat und gerät in deutsche Kriegsgefangenschaft. Als Kriegsgefangener arbeitet er bei einem Bauern im niedersächsischen Bücken. Aufgrund seiner Sprachbegabung ist er in seinem Kommando Übersetzer. Im Juni 1942 schimpft ein französischer Kamerad in einem von der Zensur abgefangenen Brief über die Deutschen und schwört Rache. Fernand Masson wird deshalb der Rebellion beschuldigt und ins nahe gelegene Kriegsgefangenenlager Stalag X C Nienburg gebracht.

Zwangsarbeit auf den ostfriesischen Inseln
In seinem Buch „Als Kriegsgefangener zwischen Weser und Ems“ schreibt er später über diesen Moment: „Die Ungewissheit plagte mich mehr als alles andere, wegen des seltsamen Namens Langeoog, den ich in meinen Gedanken trug. Es war der Ort des Exils im Exil, eine abgelegene Insel (…)“. Mit einem persönlichen Bewacher gelangt er im Juli 1942 über Bremen, Esens und Bensersiel mit dem Schiff in das Kriegsgefangenenlager auf Langeoog.

„Zwei Schritte vom Lager der Franzosen entfernt befindet sich offensichtlich noch ein anderes, verwaistes Lager. Ich bin erstaunt, es offen zu finden. Im Inneren herrscht große Unordnung wie nach einer Verwüstung. … Es ist von einem Drahtzaun umgeben, wie ein schlecht unterhaltener Kaninchenstall. Dort haben zig russische Kriegsgefangene gelebt, wenn man das „leben“ nennen kann, und ein wahrhaftes Martyrium durchlitten. Lange Zeit habe ich, da ich keine andere hatte, die graue Stoffhose eines von ihnen getragen. Sie war von Kugeln durchlöchert und wies noch zahlreiche Blutspuren auf.“ Nach und nach erfährt Fernand von dem Leiden und Schicksal der russischen Kriegsgefangenen, die bis April oder Mai 1942 hier waren. Ihm und den anderen Franzosen geht es trotz der verschärften Arbeits- und Haftbedingungen im Vergleich zu den anwesenden Polen relativ gut. Fernand Masson beschreibt die zahlreichen Fluchtversuche, die Essensdiebstähle und das Gefühl der Verlassenheit an diesem entfernten Ort.
Noch gefürchteter ist das Kriegsgefangenenlager auf Juist, zu dem Fernand bald geschickt wird. Von früh bis spät werden Deutsche und Italiener sowie polnische und französische Kriegsgefangene auf der Baustelle „Meyer“ eingesetzt, um für die Wehrmacht Infrastruktur für die Abwehr zu errichten. Es gibt zu wenig Essen, die Arbeit ist beschwerlich: „Nach zwölf Stunden ununterbrochener zermürbender Arbeit, die wir voller Grimm und unfreiwillig absolvieren, um den Hunger zu vergessen, der noch viel schlimmer ist als die körperlichen Strapazen, haben wir alle nur den einen Wunsch, diesen verhassten Ort zu verlassen, über den die Nacht unaufhaltsam hereinbricht.“ Wochen und Monate vergehen. „Jeder leidet still vor sich hin. Wann wird das einmal zu Ende sein? Wir haben keine Hoffnung. Wir lassen uns führen. Wir folgen einfach. Wir denken nicht an Befreiung – nicht mehr. Es tut zu weh, sie in so weiter Ferne zu sehen, wenn man anfängt, darüber nachzudenken.“




Fernand Masson wird nach Langeoog versetzt, später wieder nach Juist und schließlich nach langen Monaten der Arbeit, lebt auch die Hoffnung der Kriegsgefangenen wieder auf: „Niemand ist glücklicher als wir, wenn die Sirenen heulen und wir können unsere Freude kaum verbergen, wenn wir mit leuchtenden Augen gen Himmel schauen.“ Die Flieger der Alliierten überqueren täglich gegen eine unnütz gewordene deutsche Abwehr die Inseln. Die Angst der Deutschen wächst und „die letzten Monate unseres Aufenthaltes zeichneten sich tatsächlich durch fieberhafte Aktivität aus“. Zahlreiche Niederländer werden nun zur Umsetzung der letzten Verteidigungspläne auf den Inseln eingesetzt. „Sie waren noch schlechter dran als wir (…) denn sie waren ihrem Zuhause entrissen worden, ohne etwas zum Wechseln mitnehmen zu können, überrascht von einer Razzia, an einem Abend oder mitten in der Nacht und zu den Inseln verschleppt worden.“
Die letzten Tage auf der Insel gestalten sich auch für Fernand als besonders schwer: „Ohne Handschuhe, bei eisiger Kälte, selbst ohne die Sonntagsruhe einzuhalten, ließen uns die Deutschen zum Schluss arbeiten wie Zuchthäusler, bis zu dem Tag – hundertmal sei er gepriesen – unserer Abfahrt…“
Von Nienburg ins Emsland
Nach mehreren Jahren Arbeit auf den Inseln kommt Fernand auf das Festland, fährt über Bremen zurück nach Nienburg und verspürt jedoch bei dem sich ihm bietenden Anblick etwas Mitleid: „Städte und ausgebrannte Dörfer, mit völlig zerstörten und zerbombten Häusern, verstopften, mit Schutt beladenen und ausgestorbenen Straßen, in denen ein bleiches, verzweifeltes Volk umhergeht.“ Nach drei Wochen in Nienburg wird er zur Arbeit auf einen Bauernhof nach Cloppenburg gebracht. Gemeinsam mit einem Litauer und einem Niederländer arbeitet er bei einer katholischen deutschen Bauernfamilie, deren Sohn in Frankreich an der Front kämpft. Nach den Jahren der Lager und Arbeit auf den Inseln fühlt er sich bei ihnen sehr wohl.
Die Front rückt näher im Emsland. Im März 1945 wird Fernand schließlich zur Arbeit zum Bauernführer in Emstek gebracht. Er wird mit ca. 30 anderen Franzosen in einem leerstehenden Gebäude untergebracht und von drei bis vier Mann bewacht. Kurz bevor die Alliierten sie befreien, werden sie am Ostersonntag zu Fuß nach Osten evakuiert. Überall sind Menschen unterwegs, die Ordnung löst sich auf. Fernand Masson entscheidet sich zur Flucht, verläuft sich im Moor, aber schafft es hungrig und abgerissen sich bis zum Bauernhof durchzuschlagen, wo der Niederländer ihn zwei Wochen versteckt.
Befreiung
Im April 1945 befreien die Engländer das umkämpfte Dorf und Fernand Masson salutiert vor einem englischen Offizier: „„I´m a French prisoner of war und ich bin heute 28 Jahre alt geworden.“ Er lächelt wieder und gibt mir die Hand. Niemals habe ich größeren Stolz empfunden als in diesem Augenblick. Das Glück, die Freiheit wieder umarmen zu können, die Freiheit, ohne die man nicht Mensch sein kann.““
Fernand Masson überquert mit anderen Franzosen an einem strahlenden Maitag den Rhein und kehrt als freier Mann zurück nach Frankreich. Bereits 1947 verfasst er ein Buch über seine Zeit als Kriegsgefangener auf den Ostfriesischen Inseln. Fernand Masson wird wieder Lehrer, heiratet und hat vier Kinder.
Nach seiner Pensionierung in den 1980er Jahren reist er viel und schreibt zahlreiche Reportagen über seine Reisen nach Russland und Zentralasien.
Fernand Masson stirbt im Alter von 74 Jahren am 4. Mai 1991 in Tours.